Wut gehört normalerweise zu den Gefühlen, die wir nicht gerne haben. Weder bei uns selbst noch bei anderen mögen wir es sonderlich, wenn Wut hochkocht und sich unkontrolliert entlädt. Oft geht dabei nämlich einiges zu Bruch. Weit häufiger als Gegenstände sind es die unsichtbaren Bande unserer zwischenmenschlichen Beziehungen, die Wut so weit zerstören kann, dass vielleicht irgendwann auch alle Liebe nichts mehr hilft, die Beziehung zu retten.
Wut hat also ein ziemlich mieses Image. Aber ich bin ein großer Fan von ihr. Warum und wie du deine eigene Wut mit anderen Augen sehen und mit Bewusstsein sinnvoll nutzen kannst, will ich dir hier zeigen.
Wut ist Energie
Du kennst das sicher. Erst ärgerst du dich ein wenig über den Partner, der jedes Mal seine dreckigen Schuhe auf den frisch gewischten Boden stellt, dann ärgerst du dich ein bisschen mehr und irgendwann ist es soweit: Wie glühende Lava brodelt es in dir, wie in einem Rausch überfallen dich Gefühle von Hass, Verachtung und Schmerz und wollen jetzt sofort mit aller Gewalt nach draußen. Plötzlich bist du verdammt laut, stampfst mit den Füßen oder pfefferst die dreckigen Schuhe mit Schmackes nach draußen.
Was du da erlebst, ist nichts anderes, als einen Energie-Tsunami, der den sonst schnöde dahinplätschernden Alltag gewaltig durcheinanderwirbelt und keinen Stein auf dem anderen lässt. Plötzlich sind da ungeahnte Kräfte, plötzlich triffst du harte Entscheidungen und machst keine Gefangenen mehr. Was nicht passt, wird aber sowas von passend gemacht! Niemand wird sich dir in diesem Moment in den Weg stellen, wenn er nicht komplett lebensmüde – oder ebenso wütend ist wie du.
Dass dieser Energie-Tsunami ganz schön zerstörerisch ist, liegt in seiner Natur. Ihn einzudämmen, wenn er erst einmal durchs Haus tobt, ist schwierig. Erst, wenn er alles platt gemacht hat, was nicht passt, wird er abflachen und auf die kurz von der Leine gelassene Wut folgen oft Scham und Schuldgefühle.
Wut und Scham
Was passiert also, wenn du sowas von wütend auf deinen Partner warst, der nie darauf achtet, den Dreck draußen zu lassen, während du ständig putzt, obwohl du auch das eine oder andere Interesse hättest, dem du dich lieber widmen würdest? Sobald die große Wut verraucht ist, schämst du dich für deine Überreaktion. Ihn anzuschreien und seine Schuhe vor die Tür zu werfen war sicher nicht die beste Art, das Problem anzugehen. Also entschuldigst du dich natürlich und fühlst dich schlecht. Was wiederum leicht dazu führt, dass du das Thema lieber nicht mehr ansprichst und dir selbst einredest, deine Wut war insgesamt völlig unverhältnismäßig. Ist ja nicht schlimm. Ist eben so, kann man nichts machen. Außerdem machst du ja ohnehin den ganzen Dreck weg, was macht das Bisschen mehr da schon aus?
Die Scham, die oft genug der Wut auf dem Fuß folgt, sorgt sehr zuverlässig dafür, dass alles so bleibt, wie es ist. Nur, dass du jetzt den Deckel auf deiner Wut fester zuhältst und dir selbst einredest, dass das alles ein Problem deiner Wahrnehmung wäre und damit einfach deine Schuld. Obwohl ein sachliches Gespräch darüber sicherlich zu gegenseitigem Verständnis und wahrscheinlich auch zu einer guten Lösung für euch beide hätte führen können. Wäre da nicht zuerst alles hochgekocht und dann eskaliert.
Warum Wut dein Freund ist
Aber wenn wir uns mal genauer anschauen, warum die Wut eigentlich in uns hochkommt, wird schnell klar, dass die Wut nicht nur etwas Zerstörerisches ist, sondern im Grunde dein bester Freund. Sie meldet sich nämlich immer dann, wenn du lange genug so getan hast, als wäre alles in Ordnung, obwohl es das für dich nicht ist. Sie meldet sich in Beziehungen, bei gesellschaftlichen Themen, in der Familie, bei der Arbeit – überall, wo Menschen aufeinandertreffen und sich gegenseitig auf den Schlips treten können.
Normalerweise sind wir ja friedliche Wesen. Wir verstehen, wenn unser Gegenüber mies drauf ist oder einfach insgesamt nicht sehr umsichtig. Wir akzeptieren, dass andere eben so sind, wie sie sind und Fehler machen. Das ist auch eine gute, entspannte Haltung. Problematisch wird das allerdings, wenn wir nicht gleichzeitig unsere eigenen Grenzen kennen und wahren. Und das ist eben ein Punkt, an dem wir oft noch einen weiten Weg vor uns haben. Unsere eigenen Grenzen überhaupt zu erkennen, geschweige denn, sie zu schützen, wird uns nicht unbedingt beigebracht. Denn sobald wir unsere Grenzen kennen und schützen, tun wir das auch gegenüber unseren Eltern, Lehrern, Freunden – und die mögen das meistens nicht besonders. Kinder, die keine Ahnung von ihren Grenzen haben, sind definitiv die bequemeren. Also, ja, woher soll man wissen, was einem zu viel ist und was man tut, wenn einem jemand auf die Füße steigt?
Hier kommt die Wut ins Spiel mit ihrer unmissverständlichen Botschaft. Spätestens, wenn dir die Hutschnur reißt, weißt du, dass du etwas hast mit dir machen lassen, das deine Grenzen massiv verletzt hat. Oft über lange Zeit hinweg und oft auch vorher schon massiver, als es im jeweiligen Moment des Wutausbruchs tatsächlich gewesen sein muss. Die Wut ist dein schwer bewaffneter Schutzengel, der mit aller Gewalt hervortritt und sagt: Bis hierher und nicht weiter!
Sie zeigt dir aber auch selbst, wo du es bisher versäumt hast, auf dich zu achten, deine Werte und Grenzen zu respektieren und zu dir selbst zu stehen.
Die Wut würdigen
Es ist an der Zeit, Wut – und besonders auch die Wut der Frau – in einem anderen Licht zu sehen. An ihr ist nichts lächerlich oder beschämend, nichts Entwürdigendes und nichts, was man weglächeln müsste. Wut ist dein Schutzengel.
Vielleicht fällt es dir schwer, das so zu sehen, aber trage diesen Gedanken mal eine Weile mit dir und prüfe ihn in deinem Leben.
Wo bist du früher richtig wütend geworden? Wen hättest du bei welcher Gelegenheit am liebesten in der Luft zerrissen? Bei welchen Erinnerungen kriegst du heute noch beschleunigten Puls und beißt die Zähne zusammen? Waren diese Momente der Wut gerechtfertigt? Wurdest du ungerecht behandelt, übergangen, missachtet oder misshandelt?
Manchmal fällt es vielleicht leichter, dir Dinge anzuschauen, die schon eine Weile zurückliegen. Denn hier grätscht dir nicht gleich wieder die Scham dazwischen und du bist auch nicht unmittelbar in der Situation, aufgrund deiner Wut ins Handeln kommen zu müssen. Lass dir Zeit, schau dir ruhig deine Kindheit an. Versuche, bei dir selbst zu bleiben und nicht gleich eine „vernünftige“ Erwachsenensicht einzunehmen, nach der es womöglich „das Beste“ gewesen sein kann, dich nicht für voll zu nehmen. Das beste habe ich hier in Anführungszeichen gesetzt, weil es niemals das wirklich beste für dich gewesen sein kann, wenn du dich dabei missachtet gefühlt hast und entsprechend wütend wurdest. Vielleicht war sachlich richtig, was man von dir wollte, aber nicht der Ton und die Weise, wie man diesbezüglich mit dir umgesprungen ist. Versuche, deine Wut nicht zu relativieren und nicht lächerlich zu machen.
Vor Wut kommt Ärger
Gut, wütend durch den Porzellanladen zu stampfen und alles zu zertrümmern ist unter Umständen nicht die beste Lösung. Aber bevor du wirklich richtig, richtig wütend wirst, kommt Ärger. Wenn du also vermeiden möchtest, dass es zum Äußersten kommt, dann bleibt dir nichts anderes übrig, als deinen eigenen Ärger für voll zu nehmen.
Ja, genau. Nicht schön reden, nicht relativieren, nicht runterschlucken und wegschieben. Keine „ja, abers“ drüber decken, kein „er/sie/es ist eben so“. Manchen fällt das sicherlich vergleichsweise leicht. Manchen aber auch unendlich schwer. Wo immer du hier stehst, ich kann dich nur ermutigen, dir selbst gegenüber und in Bezug auf deinen Ärger achtsam zu sein. Du musst auch hier nicht direkt ins Handeln kommen. Du hast immer Zeit, dir Gedanken zu machen und Dinge, die dich ärgern, in einer passenden Situation anzusprechen. Der erste Schritt ist aber respektvolle Achtsamkeit deinem Ärger gegenüber. Worüber ärgerst du dich, was bringt dich im Alltag auf die Palme? Wo fängst du an, mit den Zähnen zu knirschen oder dir auf die Zunge zu beißen?
Ärger als Motor für Veränderungen
Normalerweise lassen wir unseren Alltag ja so dahinplätschern, wie er sich eben eingespielt hat, große Veränderungen nehmen wir ohne äußeren Anlass selten vor. Aber sobald du anfängst, deinen Ärger wahrzunehmen, wirst du merken, dass es doch einige Dinge gibt, die du so nicht gut findest, wie sie sind.
Bevor du aber wartest, bis du so richtig zu Weißglut getrieben bist, und wahllos Leute zur Schnecke machst, ist es besser, dir rechtzeitig ein paar Gedanken zu machen. Vielleicht hast du Lust, dir regenmäßig zu notieren, was dich ärgert oder tatsächlich schon wütend macht. Wenn du dich später beruhigt hast und entspannter damit umgehen kannst, nimm dir deine Notizen zur Hand und überlege dir, was du denn eigentlich stattdessen gerne hättest.
Nehmen wir noch einmal die dreckigen Schuhe auf dem frisch gewischten Boden: Was hättest du denn lieber? Dass die dreckigen Schuhe draußen bleiben? Dass sie auf einem Schmutzfänger stehen? Dass Familienmitglieder, die mit Dreckschuhen herein kommen, den Schmutz selbst beseitigen? Du musst das nicht immer sofort entscheiden, spiele ruhig auch ein bisschen mit den Möglichkeiten und prüfe für dich, was machbar und durchsetzbar sein sollte.
Im nächsten Schritt solltest du dann mit den betreffenden Menschen sprechen und ihnen mitteilen, was für dich problematisch ist, warum das so ist und welche Idee du hast, wie man das lösen kann. Ein lockerer Tonfall kann hier einiges leichter machen. Vielleicht werden deine Ideen nicht direkt auf Gegenliebe stoßen oder nicht ernst genommen, dass es für dich tatsächlich ein Problem gibt und etwas geändert werden muss. Vielleich kommst du dir auch ein bisschen kleinlich vor, ein bisschen dumm oder peinlich, wenn du damit deine Mitmenschen behelligst, aber ich kann dir nur raten, es trotzdem zu tun.
Wenn du große Hemmungen hast oder bisher selten so etwas gemacht hast, dann nimm zum Üben nicht den dicksten Brocken, der dir am meisten Probleme macht, sondern fange mit etwas weniger dramatischen an. Damit kannst du üben, Sicherheit gewinnen und feststellen, dass du sehr wohl Einfluss nehmen und Dinge verändern kannst, die sich auf eine Weise eingeschliffen haben, die dir nicht guttut. Du wirst auch die Erfahrung machen, dass andere dann ihre eigenen Bedürfnisse äußern und vielleicht auch ihrerseits Wünsche an dich haben. Nimm das erst einmal an und prüfe in Ruhe für dich, was machbar und ein guter Kompromiss ist, und was nicht geht.
Du darfst dir immer die Freiheit nehmen, erst einmal nachzudenken und später noch einmal darüber zu sprechen. Deinem Gegenüber solltest du das genauso erlauben. Vielleicht wird das erst einmal ein Eiertanz, bis ihr irgendwie zu einer Lösung kommt, die für euch beide in Ordnung geht. Wie gesagt, fang am besten mit etwas undramatischen an, wenn du damit wenig Erfahrung oder Hemmungen hast. Bald wird es leichter und auch ganz selbstverständlich, Ärger nicht mehr zu schlucken und im stillen Kämmerlein mit sich selbst auszumachen, dass da nichts zu machen ist.
Wut hilft dir, deine Baustellen zu sehen
Wut hilft dir aber auch, dich selbst sehr viel klarer zu sehen. Denn meistens sind es wie gesagt nicht die Kleinigkeiten, die das Fass zum Überlaufen bringen, sondern ein Wutausbruch braut sich in einem Klima zusammen, das insgesamt nicht so ist, wie es sein sollte. Manchmal ist das nicht gleich klar zu sehen und da bist du gefordert, wirklich genau hinzuschauen, was dich triggert. Auch welche Sätze in solchen Momenten in deinem eigenen Kopf herumspuken, ob du dich selbst beschimpfst, mit dir hart ins Gericht gehst oder dich innerlich abwertest, ob du deinem Partner die Schuld an allem gibst, deine ganze Lebenssituation plötzlich in Frage stellst – all das ist interessant und kann dir helfen, dich selbst besser zu verstehen. Nichts davon muss dir peinlich sein, je offener du wahrnimmst, desto besser ist es.
Tja, jetzt hast du also vielleicht festgestellt, dass du grundsätzlich irgendwie zum Tier im Käfig mutierst, wenn du anderen hinterher räumst – machst das aber aus alter Gewohnheit seit der Säuglingszeit deiner Kinder nicht nur für die, sondern auch für den Partner gleich mit. Der Schlüssel zur Veränderung ist hier einerseits, deiner Familie klar zu machen, dass du eben nicht das Rundum-Sorglos-Paket bist, das sich klaglos um all das kümmert, was anderen zu lästig wäre. Viel entscheidender aber ist, dass du dir klar machst, was du da tust, warum du es tust und welche Ängste und Begrenzungen darunter liegen.
Hältst du dich für wertlos, wenn du nicht ständig für andere da bist? Glaubst du insgeheim, dass das tatsächlich alles Frauenarbeit ist? Glaubst du, dass du deinen Kindern ein möglichst ungetrübtes Aufwachsen schuldest? Glaubst du, du musst dir Liebe und Anerkennung verdienen?
Ganz oft steckt hinter der „Alltagswut“ eine tiefliegende Überzeugung, die uns eigentlich von Grund auf ankotzt, an der wir aber unbewusst trotzdem festhalten. Und in diesem Zwiespalt sind wir gefangen und entsprechend reizbar. Falls du das an dir bemerkst, bist du schon einen riesigen Schritt weiter gekommen! Versuche anzuerkennen, dass es so ist, versuche zu akzeptieren, dass du hier in der Klemme steckst, weiche dieser Einsicht nicht gleich wieder aus. Der Weg da heraus führt über bedingungslose Selbstliebe. Über das bedingungslose Annehmen der eigenen Werte und Bedürfnisse. Er führt darüber, dich selbst zu befreien aus deinen Mustern und Verstrickungen, um mehr und mehr das zu leben, was für dich richtig ist.
Dafür nimm deine Wut als Triebfeder, als Kraftgeber. Sie führt dich zu dir und deiner Wahrhaftigkeit, wenn du bereit bist, hinzuschauen und zu wachsen. Das hier ist vielleicht der wertvollste Punkt an der Wut überhaupt.
Wut als Wegweiser für deine Berufung
Ich werde zum Thema Berufung noch einen (oder mehrere?) Artikel schreiben, aber ich möchte hier auch erwähnen, dass Wut ein verdammt guter Wegweiser bei deiner Suche nach deiner Bestimmung sein kann. Der weitaus beliebtere Wegweiser ist die Freude, der man folgt, um dorthin zu gelangen, wo Erfüllung und Sinn auf einen Menschen warten. Ich bin aber überzeugt, dass auch die Wut ein wichtiges Werkzeug ist, den richtigen Weg für dich zu finden.
Mit der Freude zu gehen, den eigenen Talenten zu folgen, sie auszuloten, und zu erweitern ist unglaublich wichtig auf dem Weg zu sich selbst. Wir werden das an anderer Stelle nochmal betrachten. Dem will ich hier auch nichts absprechen. Aber sehen wir uns jetzt an, wie du deine Wut besser verstehen und die durch sie mobilisierte Energie für Veränderungen und für ein erfülltes Leben nutzen kannst.
Du wirst sicher gemerkt haben, dass dich nicht nur Kleinigkeiten oder Beziehungsprobleme wütend machen. Es sind oft große Themen, die uns richtig, richtig wütend machen. Dass Kinder irgendwo auf der Welt verhungern, während andere Essen wegwerfen. Dass Frauen anderswo entrechtet und schutzlos sind. Dass auch hier zu Lande Frauen von ihren Partner misshandelt, missbraucht und getötet werden. Dass die Umwelt zerstört wird, sich alles um Geld und Höher, Schneller, Weiter dreht ohne Rücksicht auf den einzelnen Menschen … es gibt ungezählte Brennpunkte.
Welche Themen lassen deine Wut auflodern? Trage diese Themen doch einmal zusammen. Du kannst sie aufschreiben oder auch eine Collage machen, indem du Bilder von den Dingen sammelst, die dich so richtig aus der Haut fahren lassen. Achte auf deine Reaktionen, wenn du Nachrichten liest oder siehst. Welche Headlines haben sofort deine ungeteilte Aufmerksamkeit? Fühle genau hin, nimm alles wahr. Und versuche, möglichst für dich zu klären, was genau dich daran so wütend macht. Je klarer du das für dich benennen kannst, desto besser. Vielleicht ist es sinnvoll für dich, im Abstand einiger Tage noch einmal dran zu gehen und dir weitere Gedanken dazu zu machen. Du musst das nicht von heute auf morgen festlegen.
Diese großen Themen kannst du schlecht im Alleingang in Ordnung bringen. Schließlich sind wahnsinnig viele Menschen daran beteiligt, dass es diese Schieflage gibt und du kannst sie nicht einfach überreden, es besser zu machen. Solche Probleme brauchen oft unglaublich viel Zeit, Geduld und öffentliche Aufmerksamkeit, bis sich gaaaanz langsam etwas ändert. Das kann frustrierend sein. So frustrierend, dass man lieber nicht zu oft daran denkt und am Ende einfach nichts macht. Wie gesagt, der Einzelne hat auch oft nicht so viel Handhabe, dass es überhaupt sinnvoll erscheint, sich groß aufzuregen. Aber das, was dich wirklich wütend macht, kann deine Energie bündeln und in eine unglaublich Sinn stiftende Richtung lenken.
Vielleicht musst du dein zentrales Thema oder auch mehrere Themen, die dich wütend machen, eine Weile bewusst mit dir herum tragen und die Augen offen halten für einen gangbaren Weg, aber du wirst mit Sicherheit eine Möglichkeit finden, wie du deine Talente und Gaben einsetzen kannst, um auf einen Missstand aufmerksam zu machen, Veränderungen in deinem Umfeld anzustoßen, Bewusstsein zu schaffen oder auch ganz konkret Hilfe zu leisten. Je weniger abstrakt diese Hilfeleistung ist, desto Sinn stiftender wird sie für dich sein. Erlaube dir, dieses Feld für dich auszuloten und auszuprobieren, was für dich Sinn macht, wohin dich die Energie tatsächlich trägt, die du freisetzt, wenn du deine Wut konstruktiv nutzt, und erlaube dir auch, Anpassungen vorzunehmen. Du musst nicht für immer das Gleiche tun, auch wenn es dir einmal sinnvoll und wichtig erschienen ist. Du wirst dich verändern und deine Prioritäten damit auch.
Wichtig ist hier noch, dass du deine Energie als Treibstoff für etwas Gutes nutzt. Nicht in erster Linie gegen etwas Böses. Finde heraus, wofür du eintreten möchtest, was du erreichen möchtest, und lenke deine Energie dorthin. Denn die Gefahr ist groß, dass du dich sonst in Hass und Verachtung verrennst und nicht nur nichts Gutes in die Welt bringst, sondern dich auch von deinem Hass zerfressen lässt. Das wäre nichts, wofür es sich zu leben lohnt.
Wut im Akutfall
Falls dich die Wut überkommt und dich wegzutragen droht, kannst du eigentlich nur versuchen, dich da schnell herauszuholen, bevor du richtig hochgehst. Das kannst du machen, indem du dich aus der Situation entfernst. Entweder, indem du den Raum verlässt und anderswo zu Ruhe kommst, oder auch, indem du bleibst, aber kurz möglichst intensiv zu dir selbst zurückkehrst. In beiden Fällen hilft es, die Augen zu schließen, deinen Atem zu spüren, deinen Körper wahrzunehmen, wie er sich jetzt gerade anfühlt und dir bewusst zu machen, dass der Sturm bald vorüber sein wird. So gerechtfertigt er auch ist. Wichtig ist, die Wut zu fühlen, sie anzunehmen und den Grund deiner Wut anzuerkennen. Niemals solltest du ihn kleinreden.
Das ist natürlich sehr viel leichter gesagt als getan und es wird auch öfter nicht klappen. Falls du also ausrastest: Daran ist nichts unnormal, peinlich oder zum Schämen. Das ist menschlich. Das passiert, wenn dir eine Situation lange oder krass genug gegen den Strich geht, deine Grenzen verletzt und deinen Werten und deiner Moral entgegensteht. Dass du an die Decke gehst, ist also gerechtfertigt und verständlich. Lass dir nichts anderes einreden und tue das auch selbst nicht.
Wenn du dich beruhigt hast, entschuldige dich für deine unbedachten Worte, wenn sie jemanden vor den Kopf gestoßen haben, der deine Grenzen nicht absichtlich verletzt hat. Aber leugne nicht deine Wut, schäme dich nicht dafür. Bedanke dich lieber im Anschluss bei deiner Wut, dass sie dir gezeigt hat, wo deine Grenzen verletzt wurden und was du künftig so nicht mehr erleben möchtest. Nutze die Gelegenheit, hinter die Gründe deiner Wut zu schauen und aufzudecken, was genau dich so wütend macht. Nutze deine Fähigkeit, hinter den Schleier zu schauen und decke auf, was dich hemmt, bedrückt und dir so wehtut und mache dich auf den Weg zu deiner Wahrhaftigkeit und zu dir selbst.
Falls jemand absichtlich und ohne Rücksicht auf deine Gegenwehr deine Grenzen verletzt, lasse deine Wut von der Leine und nutze die freigesetzte Power, um Klarschiff zu machen. Denn genau für solche Situationen steht dir die Wut zur Verfügung.
In deiner Wut liegt Weisheit
Wut ist wie ein Freund, der sich nur gelegentlich meldet und vielleicht auch etwas ruppig daher kommt. Aber sie ist auch der Freund, der sich im Notfall immer vor dich stellen wird und mit aller Macht für deine Unversehrtheit kämpft. Für deine seelisch-psychische Unversehrtheit ebenso wie für deine körperliche. Wut ist der Treibstoff, der dir kleine und große Veränderungen möglich macht, das unverkennbare Signal, dass Veränderungen nötig sind und manchmal auch tatsächlich ein Lebensretter.
Natürlich sind Liebe, Vertrauen, Verständnis und Zuversicht die Haltungen, auf denen man sein Leben gründen sollte. Aber manchmal braucht es eine gehörige Portion Wut, um sich frei genug zu strampeln, um für sich selbst gerade stehen zu lernen und Verstrickungen abzuschütteln, die uns abwürgen. Manchmal ist es notwendig, die Axt kreisen zu lassen. Meistens aber reicht es, wenn du deinem Ärger Achtsamkeit entgegenbringst und Veränderungen sanft anstößt.
Sobald du wütend wirst oder dich ärgerst, frage dich, was genau dich stört. Es sind in der Regel nicht die dreckigen Schuhe im Flur, die dir so zusetzen. Es ist ein Muster, das darunter liegt. Und das zu ändern, gibt es immer zwei Wege, die du am besten kombinieren solltest: Deinen Mitmenschen klarmachen, dass es so nicht weiter funktionieren kann – und dein Selbstbild, deine Überzeugungen und Glaubenssätze zu hinterfragen und lernen, dir selbst den Respekt entgegen zu bringen, den du von anderen erwartest. Das ist das große Geschenk der Wut an dich.
Aber ich möchte dir auch mit auf den Weg geben, dass das Wütendwerden, das Schreien und Toben in manchen Situationen heilsam sind. Du darfst die Macht der Wut nutzen, um dich zu befreien, um dir Respekt zu verschaffen und klarzumachen, dass man nicht mit dir umspringen kann, wie man will. Im Idealfall ist das nicht notwendig, weil sich alles gut entwickelt und dein Leben ohne größere Verwerfungen läuft. Aber was ist schon ideal? Gerade wir Frauen haben oft riesige Hemmungen, wirklich wütend zu werden und schlucken lieber alles Mögliche – bevor wir noch zu unbeherrschten und unweiblichen Furien mutieren. Lange genug wurden wütende Frauen auch nur belächelt und heute gelten sie dann gerne mal als „untervögelt“. Aber es ist an der Zeit, diese alte Kruste aufzubrechen und ganz klar zu zeigen, wo unsere Grenzen verlaufen.
Du darfst die Macht der Wut nutzen, um dich zu befreien, um dir Respekt zu verschaffen und klarzumachen, dass man nicht mit dir umspringen kann, wie man will.
Hab keine Angst vor deiner Wut, lerne sie als die Wahrerin deiner Grenzen kennen, deinen Ärger als Ratgeber, wo etwas geändert werden muss. Deine Wut kann dich dorthin führen, wo du Sinn in deinem Tun finden kannst und sie kann dir die Kraft verleihen, in ausweglosen Situationen das Ruder herumzureißen. Wut kann wild, rau, laut oder schneidend kalt sein, eine unberechenbare Tanzpartnerin. Aber sie hat grenzenlose Power und übergroßen Mut, sie bringt eine Leidenschaft und Überzeugungskraft mit sich, die großes bewirken kann.
Du darfst dein ganzes Spektrum an Möglichkeiten leben. Lebe intensiv, lebe ganz. Und schenke jedem, besonders den ungeliebten Gefühlen, deine ungeteilte Achtsamkeit. Alles, was du fühlst, ist wertvoll.
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Mein Name ist Karin Pelka und mein Herzensanliegen ist es, dich zu deinem bedingungslosen Ja zu dir selbst zu begleiten. Denn dieses Ja ist so kraftvoll und tiefgreifend, dass es keine faulen Kompromisse mehr zulässt. Dein Ja zu dir selbst bahnt dir den Weg zu deiner Erfüllung, deinem authentischen Wesen und zu echter, ungekünstelter Selbstsicherheit.
Meine Erfahrung und all mein über viele Jahre gesammeltes und erprobtes Wissen über Psychologie, Meditation, innere Arbeit, schamanische Reisen, Imagination, Bewegung und Kreativität fließen nicht nur hier im Blog zusammen. Im geschützten Raum des 1:1-online-Coaching bin ich mit meinem ganzen Erfahrungsschatz für dich da.
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