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Der innere Kritiker ist nicht dein Feind

Innerer Kritiker

Wir haben alle so ein kleines fieses Monster im Kopf sitzen, das uns regelmäßig dazwischen funkt. Es meldet sich, wenn wir kreativ sein wollen, wenn wir etwas Neues ausprobieren, wenn wir Dinge machen, die für uns nicht ganz normal sind. Diese gemeine Stimme gehört dem inneren Kritiker und der hält uns sehr gerne davon ab, mutig unseren Weg zu beschreiten. Oder auch nur Kleinigkeiten zu verändern.

Woher dieser innere Kritiker kommt, wie du ihn verstehen und mit ihm umgehen kannst, möchte ich dir hier zeigen. Er meint es nämlich gar nicht so böse – und mit ihm umzugehen lässt sich lernen. Aber vielleicht etwas anders, als gedacht …

Zunächst einmal ist der innere Kritiker ganz schön lästig. Da hat man etwas Großartiges vor, legt sich alle Utensilien bereit und spätestens, wenn man richtig loslegen will, ist da diese Stimme, die sagt: „Mensch, das wird eh wieder nichts. Furchtbar, ganz schlimm. Ne, das wird so peinlich – lass es lieber gleich!“ Und die Euphorie, die ganze Begeisterung für deine Idee ist schneller weg, als du schauen kannst.

Aber woher kommt diese Stimme eigentlich? Kurz gesagt, ist der innere Kritiker so etwas wie dein innerer Anstands-Wauwau. Und der hat seine Ausbildung vor langer Zeit begonnen. Er ist unglaublich wachsam gewesen, hat seinen Unterricht keinen einzigen Tag versäumt und hat alles aufgesogen, was es über das Leben und das Zusammenleben zu lernen gab. Du kannst ihn dir vielleicht tatsächlich wie einen sehr gelehrigen Wachhund vorstellen, der von Welpenbeinen an die Sache sehr, sehr ernst nimmt.

Er beobachtet ohne zu blinzeln, wie das Leben in deiner Familie funktioniert, wie es mit Freunden, im Kindergarten, auf dem Spielplatz, bei den Großeltern – einfach überall abläuft. Welche Regeln sind einzuhalten? Was geht? Was geht nicht? Wofür gibt es Lob, Anerkennung und Liebesbezeugungen? Wofür gibt es Tadel, Liebesentzug und Schimpfe?

Bezugspunkt für das, was geht und was nicht geht, bist du in deiner persönlichen Lebensumgebung. Dein Wachhund lernt also ganz genau das, was in deiner Familie als möglich und gut betrachtet wird und was nicht. Jede bestärkende Erfahrung, die du machst, jeden Schmerz, den du erlebst, weil etwas böse ist und du bestraft wirst – all das ist Inhalt seiner intensiven Ausbildung.

Hier fallen auch alle negativen Erfahrungen und daraus resultierende Überzeugungen darunter. Jedes Scheitern, das mit Scham, Schmerz, Erniedrigung einhergeht, führt dazu, dass unser innerer Kritiker Schritte in dieser Richtung als lebensbedrohlich wahrnimmt und uns lieber lange im Voraus schon klarmacht, dass wir das besser nicht noch einmal versuchen sollten.

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Warum er das alles lernt? Weil es überlebenswichtig ist.

Wir leben in (Klein-)Gruppen zusammen und diese Gruppen funktionieren nur, weil alle sich mehr oder weniger an die ungeschriebenen Gesetze des Zusammenlebens halten. Dazu gehören die grundlegendsten Sachen, wie dass wir beim Essen auf Stühlen an Tischen sitzen – nicht auf dem Tisch. Dass wir auf Erwachsene hören, dass wir nicht auf die Straße laufen, dass wir regelmäßig unsere Zähne putzen und nicht mitten ins Wohnzimmer pinkeln.

Und dazu gehören auch alle anderen, subtileren Rahmenbedingungen. Wir lernen durch das Vorbild unserer Familie und der engsten Umgebung, in welche soziale Schicht wir gehören. Wir lernen, wie reich oder arm man ist, welche Luxusgüter in Ordnung sind oder dekadent, wie oft es normal ist, in den Urlaub zu fahren, wie freizügig man sich kleiden darf, welche Farben, Frisuren und Jobs okay sind – und was einfach nicht geht, weil das nicht zur gelebten Normalität der Familie gehört.

Der innere Kritiker oder dein persönlicher Wachhund stellt sicher, dass du genau weißt, was geht, was nicht geht, was normal ist und was echt richtig peinlich, schlimm oder absolut unmöglich und moralisch nicht vertretbar.

Diese Richtschnur brauchst du, um innerhalb deiner Familiengruppe leben zu können. Denn übertrittst du die Unmöglichkeitslinie, kann es verdammt schnell sein, dass du ausgestoßen bist. Früher hat Ausgestoßensein den sicheren Tod bedeutet. Vor allem für Frauen, die alleine gelassen leichte Beute für jeden waren, war der Ausschluss aus den Schutz der Familie absolut gefährlich. Für Kinder sowieso. Um das Risiko des Ausgestoßenwerdens so gering wie möglich zu halten, haben wir unseren unglaublich wachsamen Wachhundwelpen, der alles, aber auch wirklich alles genauestens lernt.

Wir wachsen also heran, lernen genau, was wir dürfen und was nicht. Dabei gibt es natürlich Bereiche, in denen wir unseren Spielraum nach und nach erweitern können. Weil hier die gefühlte Gefahr geringer ist. Auch wenn die Eltern allgemein zugewandt und liebevoll sind, ist der Spielraum leichter zu erweitern. Aber wir orientieren uns trotzdem an den ungeschriebenen Gesetzen. Oft genug sind die nicht einmal den Eltern so richtig bewusst und sie würden vielleicht nach kurzem Zögern gar nichts dagegen haben, wenn wir hier und da aus der Reihe tanzen. Aber diese abgesteckten Rahmenbedingungen sind oft so selbstverständlich da, dass wir nicht einmal auf die Idee kommen, sie infrage zu stellen.

Wenn wir nun aber versuchen, etwas zu tun, das außerhalb des Bereiches liegt, den wir als normal und zugänglich kennen, passiert das, was du sicher gut kennst: Der innere Kritiker hält dich zurück.

Dein innerer Wachhund fängt vielleicht schon an zu knurren, wenn du nur an komische Sachen denkst, wie auf Weltreisen zu gehen, deinen ungeliebten Job zu wechseln oder heimlich nackt im Mondschein zu tanzen. Da springen alle Alarmglocken an und dir ist sofort klar: Für andere ist das wahrscheinlich okay, aber für dich sicher nicht. Du spürst Unbehagen, Angst und dein Körper signalisiert dir mit allen Mitteln akute Gefahr.

Das Perfide ist, dass wir sehr wohl sehen, wie andere genau das machen, wonach wir uns sehnen. Aber für diese anderen scheint das völlig normal zu sein, deshalb ist es auch okay, dass die es tun. Aber für mich, für dich? Nein, das geht einfach nicht. Wir sind nicht so. Wir können das nicht. Das ist peinlich, gefährlich, schlecht und überhaupt wären wir ja völlig untalentiert und kämen mit so viel Freiheit oder Glück gar nicht zurecht.

Und ja, der innere Kritiker hat zunächst einmal tatsächlich Recht. Gut, er hat keine Ahnung, was du tatsächlich alles könntest, wenn du könntest, wie du wolltest. Aber er weiß, was außerhalb deines üblichen Bewegungsradius liegt und deshalb potenziell zu einer tödlichen Gefahr für dich werden könnte. Und du hörst selbstverständlich auf ihn, weil du genau weißt, wie Recht er hat. Mit Gewalt (zu weit) über deine inneren Grenzen zu gehen, ist selten sinnvoll und geht oft mit sehr viel Schmerz einher. Lies hier, warum das so ist.

Aber klar, immer in den abgesteckten Grenzen zu leben, die dein Umfeld für dich unbewusst festgelegt hat, ist auf Dauer natürlich keine Lösung. Denn dass dein innerer Kritiker sich bei dir meldet zeigt auch: Du versuchst, deine Grenzen zu erweitern, deinen Spielraum größer zu machen und etwas zu erleben, das dich magisch anzieht – obwohl du das „nicht darfst“.

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Du lebst also in einem Zwiespalt. Einerseits ist da ein Wunsch, eine Sehnsucht, die ihre absolute Berechtigung hat. Denn zu wachsen, neue Erfahrungen zu machen und ganz eins mit sich zu werden, unabhängig davon, was die Herkunftsfamilie für angemessen hält, ist unglaublich wichtig für dich und deine Erfüllung. Andererseits ist da viel Angst vor Sanktion und Scham und die Ungewissheit, ob nicht doch etwas Schlimmes passiert, wenn du deinen alten Raum verlässt. Und ja, auch diese Gefahr ist real.

Besonders deutlich kann sich das auch in deiner Beziehung zeigen, wenn dein Partner sehr enge Vorstellungen davon hat, was du kannst und wer du bist, du aber deinen Spielraum erweitern willst. Schnell kommt es dann zu einem Gefühls-Chaos, das große Angst auslöst. Wenn du nämlich tust, was du gerne möchtest, riskierst du, nicht mehr geliebt zu werden.

Zunächst einmal habe ich dir all das aus einem einzigen Grund erzählt: Es ist wichtig zu verstehen, wie der innere Kritiker gestrickt ist und wozu er dient. Er ist nicht dein Feind. Es fühlt sich so an, wenn du dich weiterentwickeln möchtest, aber er ist tatsächlich nicht in diesem Sinne böse. Er ist eigentlich dein Lebensretter.

Was du also zu allererst tun solltest, ist ihn anzunehmen. Das heißt nicht, dass du all die Grenzen, die er so vehement absteckt, für immer einhalten musst. Ganz im Gegenteil. Das heißt, dass du nur eine Chance hast, deine Grenzen langfristig zu erweitern, wenn du deinen inneren Kritiker annimmst und ihn verstehst. Natürlich klingt das wie Aufgeben und Rückschritt, ist es aber nicht! Versuche, es wie ein Spiel zu betrachten und neugierig auf deinen inneren Kritiker zu sein. Vielleicht hilft es dir hier wieder, dir einen Wachhund vorzustellen, der seinen Job echt verdammt ernst nimmt, weil er weißt, wie wichtig er ist.

Näherst du dich ihm und willst dich aus deinem gewohnten Bereich entfernen, wird er erst knurren, dann die Zähne fletschen und schließlich bellen, was das Zeug hält und dir richtig Angst machen. Nicht, weil er dich hasst, sondern weil er Angst hat, dass dir jenseits deiner Grenzen etwas Schlimmes zustößt.

Wann immer du etwas tust und mulmige Gefühle bekommst, etwas Neues ausprobieren willst, große Träume träumst oder aus Routinen ausbrechen möchtest:

  • höre achtsam auf deine Gedanken: Welche Gedanken, Überzeugungen und Floskeln kommen dir in den Sinn?
  • achte auf deine Ängste: Wovor genau fürchtest du dich, welche Horrorbilder kommen?
  • fühle genau in deinen Körper: Wo und wie spürst du die Gefahr? Wie heftig ist die Reaktion?
  • achte auf deine Reaktionen: Welche Impulse hast du jetzt? Willst du zurückweichen? Oder kämpfst du gegen den inneren Alarm an und machst weiter?
  • höre deinem inneren Dialog zu: Welche Rechtfertigungen und Argumente bringst du vor, um deinen Rückzug zu begründen oder deinen Vorstoß weiterzuführen?

Wie geht es dir insgesamt während so einer Situation und danach? Vielleicht wird es relativ egal sein, ob du gleich aufgibst oder noch eine Weile gegen deine Grenzen ankämpfst, früher oder später knickst du ein und fühlst dich dann schlechter als zuvor. Hier kann dein innerer Dialog dann sehr destruktiv und gemein ausfallen. Noch gemeiner als der innere Kritiker zunächst war, der dich zurückgehalten hat. Denn jetzt bekommst du noch die Häme obendrauf, dass du es (mal wieder) nicht geschafft hast.

Wenn du es doch schaffst, deine Grenzen zu überwinden und etwas zu tun, das außerhalb deines normalen Spielraumes liegt, kann es sein, dass sich trotz aller Erleichterung und Freude darüber bald dein schlechtes Gewissen meldet. Dann kommen auch immer wieder Dinge dazwischen oder du hast Schwierigkeiten deine neue Lebensrealität anderen gegenüber zu rechtfertigen oder zu verteidigen.

Beim Kennenlernen deines inneren Kritikers brauchst du nichts verändern, es geht zunächst nur darum, wahrzunehmen und zu erkennen, wie du dich fühlst, wie du reagierst, was in dir abläuft. Und ganz wichtig: An welchen Punkten dein innerer Kritiker sofort auslöst und dich zurückhält.

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Je häufiger du hinfühlst und achtsam bist, desto klarer wird dir, wo genau deine inneren Grenzen verlaufen. Mit der Zeit kannst du so vielleicht sogar ganz klar herausfinden, wie und durch was deine Grenzen entstanden sind. Hier sind ein paar Anregungen, wie du ihnen auf die Schliche kommen kannst.

  • hörst du eine bekannte Stimme (Eltern, Lehrer etc.) in deinem Kopf?
  • in welcher Situation hattest du das gleiche Gefühl?
  • versuchst du anders zu leben, als deine Eltern, Freunde, dein Partner?
  • weichen deine Werte von denen deiner Mitmenschen ab?
  • was genau empfindest du als zu klein, zu eng?
  • was genau passt überhaupt nicht zu dir?
  • welche Ideale, Lebensweisheiten und Sprüche hast du als Kind regelmäßig gehört?
  • was war deinen Eltern wirklich wichtig?
  • was war deinen Freunden wirklich wichtig?
  • welche Ideale und Werte hat dein Partner?
  • Was sehen die Menschen um dich herum in dir?
  • Welche Rollen spielst du in deinem Leben?

Auch hier gilt: Beobachte, schaue genau hin, fühle und verstehe, was ist. Es geht nicht darum, jetzt etwas zu verändern. Auch nicht darum, dir oder anderen Vorwürfe zu machen. Es ist, wie es ist. Wie genau es ist, ist dagegen wichtig zu wissen. Denn nur so weißt du, an welchen Stellen dein innerer Kritiker sofort aufheulen wird und wo du ihn also erst ein wenig Vertrauen fassen lassen musst, bevor du weitergehen kannst.

Wie verbunden bist du mit dir selbst?

Das klingt jetzt vielleicht schräg, aber wenn wir beim Bild des strengen Wachhundes bleiben, der dich vor Schmerz und Ausgestoßensein beschützt, dann wird es einfacher, es zu verstehen. Dein Wachhund ist bereits irgendwie dein Freund, denn er verteidigt deine Sicherheit mit allem, was er hat. Er hat große Angst um dich.

Auf dich aber wirkt er natürlich bedrohlich, er schränkt dich ein, tut dir sogar weh, wenn du sein Drohen ignorierst. Er kann dabei richtig, richtig gemein und niederträchtig daherkommen und die miesesten Tricks anwenden, nur um dich zurückzuhalten. Das ist fies und schmerzhaft. Und er wiederholt dazu auch alle Abwertungen und Gemeinheiten anderer Menschen, um dich daran zu erinnern, nie wieder über gewisse Grenzen zu gehen. Das ist natürlich nicht die feine Art. Dass du ihn verachtest und wünschtest, er wäre tot, ist kein Wunder.

Aber stell dir vor, du würdest dich einfach in einem respektvollen Abstand zu ihm auf den Boden setzen und freundlich mit ihm sprechen. Vielleicht wird es eine ganze Weile dauern, aber meinst du nicht, dass er irgendwann näher kommen würde, dich beschnuppern und sich von dir streicheln lassen?

Das setzt natürlich voraus, dass du ihn nicht mehr tot sehen willst, ihn nicht mehr bändigen, wegsperren, nach ihm treten möchtest. Denn ja, das weiß er natürlich genau. Es setzt gegenseitiges Vertrauen und Geduld voraus. Aber wenn du dich traust und deinen inneren Kritiker zu deinem Freund machst, bist du gleichzeitig beschützt – und frei, deiner Wege zu gehen.

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Wir hören das alle nicht gerne und es passt kaum in unsere schnelllebige Zeit, aber innezuhalten, alle großen und kleinen Ziele eine Weile loszulassen und ganz bei sich anzukommen ist die Grundvoraussetzung für jede Entwicklung. Genau wie die Raupe sich verpuppt, genau wie jedes Baby erst im Mutterleib reifen muss, genauso muss auch jeder Mensch von Zeit zu Zeit innehalten und mit dem sein, was nun eben gerade ist. Die Flucht nach vorne in eine vermeintlich traumhafte Zukunft, der Blick zurück in die Vergangenheit – nichts davon bringt dich am Ende wirklich weiter oder überhaupt nah genug an dich selbst heran. (Lies hier, warum dir die Vergangenheit wirklich die Zukunft versaut)

Nimm dir also bewusst Zeit, mit deinem inneren Kritiker und deinen inneren Grenzen in Kontakt zu kommen und deinem Wachhund deine Freundschaft anzubieten, wenn du merkst, du kommst nicht weiter. Mit Gewalt wirst du es nämlich nicht (dauerhaft) schaffen. Dein innerer Kritiker kriegt dich früher oder später und holt dich zurück in deinen alten Pferch.

Den inneren Kritiker zu besänftigen und mit ihm Freundschaft zu schließen, ist tatsächlich, wie die Annäherung an ein scheues Tier. Du kannst dir hierfür Zeit nehmen, dich zurückziehen und dir deinen inneren Kritiker vorstellen. Vielleicht ist es in deiner Innenwelt ein Hund, vielleicht ist er auch ein riesiges Monster, ein Drache … lass dich überraschen, was sich dir zeigt. Das Bild verändert sich im Laufe der Zeit womöglich, das ist normal. Versuche nicht, etwas zu erzwingen, sondern schaue dir an, was passiert.

Hole einige Male entspannt Luft, spüre deinen Körper und dann tauche ganz in dich hinein …

Stelle dir vor, du stehst jetzt innerhalb deines normalen Lebensbereiches, ganz still und friedlich und lässt alle Absicht von dir gleiten, mit Gewalt in die Welt hinaus zu wollen oder zu müssen. Du musst nicht über dich hinaus wachsen, nichts Großes erreichen, nichts verwirklichen. Da, wo du gerade sitzt, ist alles okay, ist es friedlich und still. Male dir deine Landschaft, dein Wetter, was immer du brauchst, um dich jetzt und hier im Frieden zu fühlen.

Dann schaue dich um. Siehst du die Grenzen deines Lebens? Ist da ein Zaun? Eine Mauer, ein Abgrund? Schaue dir das von Weitem an, ohne Angst. Nimm einfach wahr. Vielleicht hast du viel Raum um dich, vielleicht wenig? Es ist, wie es ist. Verändert sich das Wetter, während du deine Grenzen wahrnimmst?

Kannst du deinen Wächter sehen? Seine Anwesenheit fühlen? Vielleicht musst du tatsächlich einen Schritt auf die Grenze zu machen, um ihn auf den Plan zu rufen. Sobald er sich zeigt, halte inne, begrüße ihn freundlich. Wenn du magst, setzte dich nieder und sprich weiter mit ihm. Du kannst ihm alles erzählen, was dir auf dem Herzen liegt. Dass er dir angst macht, dass du so gerne gewachsen wärst, aber seinetwegen nicht konntest. Sage ihm aber auch, dass du hier bist, weil du ihm Danke sagen willst, dass er immer auf dich aufpasst und dich nie aus den Augen lässt. Sage ihm, dass du seine Mühe schätzt und mit ihm Freundschaft schließen willst.

Falls dir bei der ersten Begegnung nicht danach ist, weil du viel zu wütend, aufgebracht und verletzt bist, ist das auch okay. Du kannst jederzeit wieder zu ihm kommen. Äußere einfach, was du jetzt äußern willst und kannst und lass den Dingen die Zeit, die sie brauchen.

Wenn sich dein innerer Kritiker nähert, folge deinem Instinkt, du wirst wissen, wie du mit ihm sprechen oder ihn berühren möchtest.

Verabschiede dich, wenn du fühlst, dass es für heute genug war, und kehre zurück in deinen Alltag.

Wenn du magst, schreibe oder male über das, was du erlebt hast, oder lasse deine Eindrücke einfach noch ein wenig in dir nachhallen. Vielleicht findest du auch im Internet ein Foto, das deinen inneren Wächter darstellt, vielleicht fällt dir auch spontan ein Name für ihn ein. Tue alles, was dir hilft, ihn für dich greifbar zu machen. Das erleichtert dir die Kommunikation mit ihm und damit dein persönliches Wachstum.

Wenn du jetzt im Alltag auf Alarmzeichen aufmerksam wirst, halte inne und fühle genau hin, achte auf Gedanken und Empfindungen. Vielleicht kommt dir jetzt auch von ganz alleine dein Bild von deinem inneren Wächter in den Sinn.

Sprich freundlich mit ihm. Danke ihm für seinen Einsatz, dafür, dass er dich beschützen möchte. Lasse dir von ihm ganz genau zeigen, was gefährlich für dich ist. Er wird sich freuen, wenn du seine Kompetenz in Anspruch nimmst! Frage nach, fühle hin, schaue dir ganz genau an, was gefährlich ist und wie schmerzhaft es für dich werden könnte.

Vielleicht wird er anfangs ein riesiges Durcheinander an Gefahren und Ängsten auffahren, hab ein wenig Geduld. Mit der Zeit wird er sich entspannen und dir nur noch die wichtigen Punkte zeigen.

Wichtig: So lange du große Angst spürst, der innere Kritiker in höchster Alarmbereitschaft ist und deine Gedanken Amok laufen, solltest du nichts überstürzen. Bleibe lieber noch etwas da, wo du jetzt bist, und fasse langsam Vertrauen. Du wirst dich bald leichter bewegen können, weniger Angst haben müssen. Aber das kannst du nicht erzwingen. Es kommt, wenn du bereit bist. Falls du doch Vorwärtsbewegung brauchst, mache die Schritte so klein wie möglich.

Sobald dein innerer Kritiker dir klare Gefahren aufzeigen kann, bist du einen riesigen Schritt weiter gekommen! Jetzt ist er nicht mehr der aufgeregt bellende Hund, der dich notfalls beißen wird, wenn du dich nur noch einen Millimeter weiter vorwärts bewegst. Ihr seid jetzt in einem Dialog und er zeigt dir die Gefahr an. Und das ist alles andere als gemein und böse – das ist unglaublich hilfreich und loyal dir gegenüber.

Dein innerer Kritiker wird immer auf deiner Seite sein. Er wird immer auf dich aufpassen und dir sofort sagen, wenn es brenzlig werden könnte. Er wird auch kein Kritiker in diesem Sinne mehr sein, sondern tatsächlich ein Beschützer. Beschäftige ihn, indem du ihn fragst, wo die Gefahr liegt, was dir wehtun würde, was schiefgehen kann und was sehr weit außerhalb deiner gewöhnlichen Erfahrungen liegt. Er weiß das alles haargenau, weil er immer verdammt gut aufgepasst hat.

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Wachhunde, die immer an der Kette vorm Haus liegen und unerwünschte Besucher verbellen, kennen das sicher nicht. Aber jeder andere Hund kennt es sehr gut: Auf Wanderschaft sein, Neues zu erkunden, neugierig und wachsam zugleich zu sein. Das liegt Hunden im Blut.

Und auch dein innerer Wächter ist nicht an einem einzigen, winzigen Platz festgebunden – wenn er lernt, mit dir zusammen weiterzuziehen. Wenn er lernt, dass nicht der Ort, die Lebensumstände, in denen du dich befindest, sein Bezugspunkt sind, sondern du als bewegliches, wachsendes Wesen. Ihm das beizubringen wird etwas dauern, mach dir da keinen Druck.

Aber indem du deinen inneren Kritiker zu einem echten Beschützer machst, ihn ernst nimmst, dir Gefahren zeigen lässt, lernt er, dass er gar nicht ausrasten muss und keine niederträchtigen Mittel gegen dich einsetzen muss. Es reicht, wenn er einfach Bescheid gibt. Du guckst dir dann genau an, was er meint und respektierst die Gefahren. Das heißt nicht, dass du keine Risiken eingehen darfst, sondern dass du dich entsprechend auf die Risiken einstellst und bewusst mit ihnen umgehst.
Er lernt mit der Zeit auch, dass ihr zusammen weiterziehen könnt. Er wird dir überall hin folgen und seine Sinne geschärft halten, damit du genau weißt, wo du vorsichtig sein musst.

Du wiederum lernst mit der Zeit, dass seine Warnsignale, die Angst, die Sorge, das „ich kann das nicht“ tatsächlich nur Warnsignale sind. Keine unüberwindlichen Hindernisse, nichts, wogegen du ankämpfen musst, was du besiegen oder abschütteln musst. Es sind Warnsignale, die du wahrnehmen solltest. Anschauen, hinfühlen, Gedanken und innere Dialoge wahrnehmen – und in Ruhe einschätzen, wie du mit diesen Gefahren umgehen möchtest.

Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Wenn die Gefahr schier überwältigend groß ist, du keinerlei Vorstellung hast, wie du dem Risiko begegnen kannst und wie das alles überhaupt werden könnte, dann schalte ein paar Gänge runter. Was wäre denn jetzt ein machbarer Schritt in diese Richtung? Der darf so klein sein, wie er will, denn das Große wirst du nur so erreichen können. Erlaube dir, kleine Schritte zu machen und langsam in die große Aufgabe hinein zu wachsen. Du wirst mit der Zeit kompetenter und mutiger. Das ist vollkommen okay so.

Wenn du unglaublich gerne etwas machen würdest, aber du „weißt“ du kannst das gar nicht, überlege dir in Ruhe, was denn das Schlimmste wäre, was dir dann passieren kann. Wäre im schlimmsten Fall die Hose kaputt, wenn dein Nähexperiment schief geht? Wäre im schlimmsten Fall dein Partner sauer auf dich? Oder deine Mutter würde sagen „ich habs dir doch gleich gesagt, Kind!“? Wäge ab, wie schlimm das wirklich ist und ob du mit diesen Konsequenzen nicht vielleicht doch ganz gut leben könntest.

Du hast Angst vor Scham, willst vielleicht lieber mit deiner Herzensangelegenheit nicht gesehen werden und willst nicht als verrückt gelten? Gerade wenn uns Dinge sehr am Herzen liegen sind wir damit unsagbar verletzlich. Respektiere das und suche dir dein Rudel. Umgib dich im echten Leben oder virtuell mit Menschen, die ähnlich ticken, die machen, was du gerne machen würdest und offenbare dich vorsichtig zuerst den Menschen, bei denen du sicher bist. Je öfter du die Erfahrung machst, dass du okay bist mit dem, was du tust, desto mutiger wirst du. Auch die Beispiele anderer zu erleben, die leben, was du leben möchtest, lässt es für dich selbst normaler aussehen und damit machbarer werden.

Ganz wichtig auf deinem Weg: Lerne, dich selbst liebevoll zu sehen, dich selbst zu achten und deinen eigenen Wert anzuerkennen. Das geht alles nicht auf Knopfdruck und all diese Aspekte sind miteinander verwoben. Du kannst an jeder beliebigen Stelle einsteigen und dich dir selbst nähern, es wird alle anderen Bereiche auch berühren und dich mehr in die Entspannung mir dir selbst und allem, was dich ausmacht, führen. Achtsamkeit und Selbstliebe sind die Schlüssel zu echtem, tiefen Wachstum.

Auch, wenn das alles jetzt für dich vielleicht noch weit hergeholt und utopisch klingt, es ist auch für dich möglich. Ich war selbst so viele Jahre so weit weg von mir selbst, hatte viel zu viel Angst und viel zu viele Zweifel – aber jeder klitzekleine Schritt in meine eigene Richtung hat so viel bewegt, so viel leichter gemacht. Du wirst das auch spüren.

Im nächsten Artikel möchte ich dir ein paar Kniffe zeigen, wie du mit deinem inneren Kritiker im Alltag gut umgehen kannst und wie ihr zusammen mehr von dem erreicht, was dir wichtig ist. Zu einem gewissen Grad funktionieren diese Tipps auch, wenn du und dein innerer Kritiker noch auf Kriegsfuß steht, aber die Sache bleibt so immer ein Kampf und der kostet dich unnötig Kraft. Kraft, die du in deine Ideen, Projekte und in tausend schöne Erlebnisse stecken könntest, statt in ausdauernde Kämpfe.

Ich lege dir also sehr ans Herz, deinen inneren Kritiker zu deinem Freund zu machen. Er ist in jedem Fall auf deiner Seite, auch jetzt schon. Er hat nur noch keine Ahnung, dass du überleben wirst und dass es dir sogar verdammt gut gehen kann, wenn du deine/seine Grenzen nach und nach ausdehnst. Aber er ist gelehrig. Das ist sein wichtigstes Merkmal! Du kannst also sicher sein, er ist auch in der Lage zu lernen und sich mit dir zusammen weiter zu entwickeln.

Und mit einem super wachsamen Freund an deiner Seite, der dich jederzeit warnt, wenn es brenzlig werden könnte, kannst du dich unterwegs immer sicher und beschützt fühlen. Wenn das kein großartiges Geschenk ist!

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Mein Name ist Karin Pelka und mein Herzensanliegen ist es, dich zu deinem bedingungslosen Ja zu dir selbst zu begleiten. Denn dieses Ja ist so kraftvoll und tiefgreifend, dass es keine faulen Kompromisse mehr zulässt. Dein Ja zu dir selbst bahnt dir den Weg zu deiner Erfüllung, deinem authentischen Wesen und zu echter, ungekünstelter Selbstsicherheit.

Meine Erfahrung und all mein über viele Jahre gesammeltes und erprobtes Wissen über Psychologie, Meditation, innere Arbeit, schamanische Reisen, Imagination, Bewegung und Kreativität fließen nicht nur hier im Blog zusammen. Im geschützten Raum des 1:1-online-Coaching bin ich mit meinem ganzen Erfahrungsschatz für dich da.

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